Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, dass ihnen aufgrund dieser Verhaltensweise gewährten Leistungen oder Vergünstigungen auch künftig auf Dauer gewährt werden sollen. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertendes Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird, erwachsen vertragliche Ansprüche auf diese Leistungen.
In der betrieblichen Praxis vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber üblicherweise im Arbeitsvertrag, welcher Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis angewendet werden soll. Auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber stützen sich in den Arbeitsverträgen häufig auf Tarifverträge. Ob auch ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber eine tariflich vereinbarte Gehaltserhöhung – z. B. aus betrieblicher Übung – vornehmen muss, hatten die Richter des Bundesarbeitsgerichts zu entscheiden.
Sie kamen zu dem Entschluss, dass bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet nur angenommen werden kann, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will. Denn ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband.
Die nicht vorhersehbare Dynamik der Lohnentwicklung und die hierdurch verursachten Personalkosten sprechen grundsätzlich gegen einen objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers für eine dauerhafte Entgeltanhebung entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet.
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